Die „Archäologische Zeitmaschine“ ist zurück: Die Bilanz eines ungewöhnlichen Projekts.

27.09.2022 Anna Lammers

5 Wochen, 5 Stationen und 1 Boxenstopp der Roadshow: Die „Archäologische Zeitmaschine“ ist zurück. Damit ging am 10.9.2022 das große 125-jährige Jubiläum der Altertumskommission für Westfalen im Schulterschluss mit der LWL-Archäologie für Westfalen zuende. Die beiden wissenschaftlichen Einrichtungen nutzten das es, um die Archäologie in der Öffentlichkeit bekannter zu machen und ihre Forschungsergebnisse greifbar zu vermitteln.

 

 

  • Geglückter Aufbau in den Arkaden Münster. Hintere Reihe von links: Dr. Anna Lammers, Florian Jüngerich, Wolfgang Ubbenhorst und Dr. Aurelia Dickers. Vordere Reihe von links: Dr. Josef Hesse, Annemarie Reck, Lea Kopner, Dr. Vera Brieske. Foto: Altertumskommission

  • Am Eröffnungstag in den Arkaden Münster: Thomas Tenkamp, GF der Kulturstiftung der Westfälischen Provinzialversicherung, Dr. Vera Brieske, GF der Altertumskommission für Westfalen, und der LWL-Direktor Dr. Georg Lunemann. Foto: Altertumskommission

  • Am Eröffnungstag in Münster (von links): Dr. Aurelia Dickers, Vorsitzende der Altertumskommission für Westfalen, Prof. Dr.  Michael Baales, Leiter der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie, Dr. Vera Brieske, GF der Altertumskommission für Westfalen, Prof. Dr. Michael Rind, Direktor der LWL-Archäologie und Dr. Anna Lammers, Projektleiterin der Archäologischen Zeitmaschine. Foto: Altertumskommission

  • Eröffnung in Bocholt: LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger eröffnet die Station der Archäologischen Zeitmaschine in Bocholt. Foto: Altertumskommission

Der Stand am letzten Tag der Roadshow in der Thier Galerie Dortmund. Foto: Thier Galerie Dortmund/Schumacher

Das Event: Eine Roadshow tourt über 5 Wochen durch 5 Städte in Westfalen-Lippe, fernab der archäologischen LWL-Museen, mit einem Präsentationsstand in Shopping-Malls, auf dem drei Kurzfilme in virtueller Realität zu archäologischen Fundstätten gezeigt werden. Als Leitmotiv und Eyecatcher fungiert dabei der nachgebaute DeLorean aus dem Film „Zurück in die Zukunft“. Die überraschende Begegnung von Wissenschaft und Publikum mitten im Alltag ist Kern des Konzepts. Alle Infos: www.zeitmaschine.lwl.org

Und wir können sagen: Es war ein voller Erfolg. Archäologie zu vermitteln, Neugierde zu wecken, Austausch anzuregen – und das auf neuen Wegen und mit neuen Formaten – waren die Ziele dieses Projekts. Dass sie erreicht sind, bezeugen die fast 10.000 Menschen, die unsere Einladung spontan angenommen und die Zeitreise durch ganz Westfalen-Lippe gemacht haben mit unseren VR-Filmen zu den jungsteinzeitlichen Großen Sloopsteenen, in ein römisches Feldlager der augusteischen Kaiserzeit und zur mittelalterlichen Holsterburg.

  • Unser Eyecatcher tut, was er soll: Der DeLorean zieht das Publikum wie magisch an – hier in der Thier Galerie in Dortmund ... Foto: Altertumskommission

  • … und er leitet die Interessierten zur VR-Filmpräsentation auf dem Stand. Foto: Altertumskommission

  • Eine 2D-Version der VR-Filme ermöglicht eine noch größere Reichweite und die Nachnutzung der Filme auf Monitoren.  Foto: Thier Galerie Dortmund/Schumacher

  • Drei Minuten Zeit für einen VR-Film haben viele bei ihrem Einkaufsbummel. Foto: Altertumskommission

  • Drei Minuten Zeit für einen VR-Film haben viele bei ihrem Einkaufsbummel. Foto: Altertumskommission

  • Drei Minuten Zeit für einen VR-Film haben viele bei ihrem Einkaufsbummel. Foto: Altertumskommission

  • Drei Minuten Zeit für einen VR-Film haben viele bei ihrem Einkaufsbummel. Foto: Altertumskommission

Die VR-Filme vermitteln die Szenen an den Fundstätten sinnlich spürbar, als sei man selbst dabei, und geben damit einen nahbaren Zugang zur Forschung. Denn: Sie beruhen auf wissenschaftlicher Basis. Soweit und so detailgetreu wie möglich zeigen sie Erkenntnisse aus der archäologischen Arbeit: Den Bau des jungsteinzeitlichen Grabs „Große Sloopsteene“ bei Westerkappeln vor rund 5.500 Jahren, die gigantischen Ausmaße des römischen Feldlagers Haltern im Jahr 11 v. Chr. und den Angriff auf die Holsterburg bei Warburg im Jahr 1294.

Nicht gezählt ist das Vielfache der Besucher:innen am Stand, die wie magisch angezogen wurden durch unseren Eyecatcher, den nachgebauten DeLorean, den uns ein Bastler leihweise überließ. Das Publikum bildete sich aus dem ganzen Spektrum der Öffentlichkeit; Touristen und Einheimischen, Alten und Jungen, Autofans, Gamer:innen, Schüler:innen und Berufstätigen, Wissenschaftler:innen, Kulturbeflissenen und solchen, die es noch werden können.

Das Feedback des Publikums ist durchweg sehr positiv. Für die einen ist das immersive Erlebnis der VR-Filme am eindrucksvollsten, für andere sind es die detaillierten archäologischen Inhalte – die wissenschaftliche Datenbasis in anschaulicher Darstellung.

  • Expertise, Detailtreue und enge Abstimmungen am Filmset für die VR-Produktion, das Ganze unter Corona-Bedingungen: Matthias Bensch kostümiert den Legionärs-Darsteller, Maria Courtial dokumentiert ... Foto: Altertumskommission

  • … und bespricht schon den Holsterburg- Dreh mit dem Papa des kleinen Hauptdarstellers, der bereits mit der Replik des Holsterburg-Pferdchens spielt. Foto: Altertumskommission

Auch in der digitalen Welt gewinnen wir viel Aufmerksamkeit über unsere Social Media-Kanäle (@altertumskommission) und die Projekt-Website www.zeitmaschine.lwl.org.

  • Unsere Kanäle im Web werden rege besucht. Foto: Altertumskommission

  • Unsere Kanäle im Web werden rege besucht. Foto: Altertumskommission

  • Unsere Kanäle im Web werden rege besucht. Foto: Altertumskommission

  • Unsere Kanäle im Web werden rege besucht. Foto: Altertumskommission

Unsere Social-Media-Kampagne vom 12.7. bis zum 11.9.2022 umfasste die dokumentarische Filmserie „Eine archäologische Zeitreise“ mit 4 Folgen und einen Trailer auf YouTube (mehr als 24.000 Klicks), die Kurzfilm-Serie „Show & Tell“ mit 11 Folgen auf Instagram (rund 1850 Klicks) und den Blog „Neues Wissen über alte Dinge“ mit 10 Beiträgen auf der Projekt-Website (mehr als 800 Klicks).

YouTube und Instagram werden wir auch nach der Roadshow weiter bespielen. Aktuell werden die 2D-Versionen der VR-Filme nach und nach auf YouTube gestellt. Die ersten erfreuen sich bereits nach 14 Tagen mit mehr als 400 Klicks großen Interesses.

„Sowas macht der LWL? Cool!“ das hörten wir des Öfteren. Macht das Event Lust auf mehr, Lust auf einen Besuch in den archäologischen Museen? fragten wir. „Auf jeden Fall!“ Selbst eine komplette Schulklasse und eine Sportmannschaft kamen als Gruppen, und immer wieder gab des Lehrer:innen und Schüler:innnen, die sich solche Medien als Ergänzung für ihren Unterricht wünschten.

Publikumsstimmen – eine Auswahl:

„Ich war mittendrin in der Geschichte!“

„Man hat das Gefühl, dass man alles anfassen kann.“ 

„Die Größenverhältnisse werden einem so viel besser klar.“

„Das ist aber eine spannende Art, Archäologie zu präsentieren.“

„Jetzt kann ich mir das richtig vorstellen, wie das damals war.“

„Das ist die Zukunft des Films.“

„Voll der Vibe!“

„Ich habe noch nie so etwas Schönes gesehen.“

„Das übersteigt meine Vorstellungskraft. Alles wird so anschaulich.“

Klar ist: Die Archäologie als komplexe Wissenschaft interessiert die Menschen quer durch alle demografischen Bevölkerungsgruppen sehr, doch für ein breites Publikum muss sie auf vielfältige und anschauliche Weise vermittelt werden. Für eine sinnliche Vermittlung und den Aha-Effekt des körperlichen Erspürens einer Szenerie ist die VR ein geeignetes Medium. „VR muss die Zukunft auch in den Museen sein!“ meint auch Josef Hesse, der sehr engagierte Leihgeber des DeLorean und „Museumsjunkie“, wie er selbst sagt. „Die VR lässt uns hier gedanklich in die Vergangenheit reisen und das sehen, wovon es in der Wirklichkeit höchstens noch Fragmente gibt. Das ist hochspannend. Und die Vergangenheit zu kennen ist so wichtig, damit wir es in der Zukunft besser machen können.“

  • Basteln für die Wissenschaftsvermittlung: Josef Hesse bringt seinen DeLorean in Position. Foto: Altertumskommission

  • Eine Zeitmaschine im Realraum, ihr Besitzer im virtuellen: Der DeLorean und Josef Hesse. Foto: Altertumskommission

Die Roadshow startete am 8.8. in Münster mit einem fulminanten Auftakt und hoher Aufmerksamkeit von Presse und Publikum. Theater Titanick spielte ihre kooperativ zum Projekt entwickelte Performance „Steinzeit hautnah“ an drei Tagen in den Arkaden und zog die Massen mit durch die Shopping Mall – „Steinmenschen“ schienen mit Findlingen wie in einer anderen Zeit gelandet zu sein und hielten, begleitet von Trommel und Flötenmusik zuletzt im Untergeschoss ein tänzerisches Ritual ab.

  • Wie aus einer anderen Zeit ... Foto: Altertumskommission

  • ... durchwandern die Steinmenschen den kommerziellen Raum ... Foto: Altertumskommission

  • ... Sie tragen ihre Steine bei sich ... Foto: Altertumskommission

  • ... und werden im Untergeschoss eine Ritualstätte errichten. Foto: Altertumskommission

  • Mit Theater Titanick strömen Massen in die Arkaden Münster. Foto: Altertumskommission

Dpa berichtete zur Eröffnung, ebenso die online-Ausgaben der überregionalen ZEIT, FAZ, Süddeutschen Zeitung, Ntv, Welt und dem Fachblatt Archäologie online, es folgten die regionalen und lokalen Medien, u.a. die Titelstory der WN am 9.8., ein Beitrag in der Radiosendung Scala auf WDR 5 am 18.8. und andere. Der Pressespiegel umfasst mehr als 60 Meldungen.

DocBrown landet mit dem DeLorean in Herne. Foto: LWL/M. Lagers.

Es folgten im Wochenrhythmus die Stationen Bielefeld, Bocholt, Siegen und Dortmund – und ein Boxenstopp bei der Museumsnacht am LWL-Museum für Archäologie in Herne: Nachdem DocBrown im DeLorean vor dem Museum gelandet war, ließen sich rund 600 Besucher:innen in der Dauerausstellung per VR in die Jungsteinzeit katapultieren – umrahmt von den echten archäologischen Objekten wie der Seester Vase und einem Kragenfläschchen, die im VR-Film als Repliken vorkommen.

Samstags erfolgte jeweils der Abbau der einen Station, sonntags der Aufbau der nächsten und montags die Eröffnung mit einem Presse- und Fototermin. Ohne viele helfende Hände und große Einsatzbereitschaft vieler Kolleg:innen wäre die Show nicht möglich gewesen. Der Aufwand des gesamten Projekts lässt sich mit dem einer Sonderausstellung vergleichen: Ein mehrjähriger Vorlauf zur Ideenfindung, Vorkonzeption und Mittelbeschaffung, dann 2 Jahre operative Vorbereitungszeit mit einem kleinen Kernteam plus Zuarbeit von anderen fachlichen Stellen, dann die Durchführung und schließlich der Projektabschluss mit Evaluation und Dokumentation.

Zeitreise im DeLorean: Prof. Michael Baales am letzten Tag der Roadshow. Foto: Altertumskommission

Am letzten Tag der Roadshow am Samstag, dem 10.9. in Dortmund, bekam das Publikum noch etwas Besonderes geboten: Der DeLorean wurde für das Publikum geöffnet. Gegen eine kleine Spende für einen guten Zweck durfte man sich einmal ans Steuer setzen.

Am Ende des Tages fuhr die „Archäologische Zeitmaschine“ zurück nach Münster – und die Altertumskommission für Westfalen macht sich auf zu neuen 125 Jahren archäologischer Forschung. Was sie wohl beim nächsten Jubiläum zeigen mag?