Digitale Konservierung mal anders
Im Magazin der LWL-Archäologie wurden vor kurzem vier Artefakte aus den 1970er Jahren wiederentdeckt, eigentlich ein etwas junger Fund für Archäologen. Allerdings handelt es sich um Repliken von Teilen des Megalithgrabs in Rimbeck, das von Trägern der Wartbergkultur um 3000 v. Chr. errichtet wurde. Das Grab hat an einer Längsseite eine Zugangskonstruktion mit einem kurzen Gang und einem sogenannten Türlochstein, bestehend aus zwei Kalksandsteinplatten mit halbrunder Aussparung, die zusammengeschoben eine ovale Öffnung bilden. Von diesen beiden Steinen sowie den kleineren, die die Wände des Zugangs bilden, waren in den 1970er Jahren massive Betonabgüsse hergestellt worden. Der damalige Megalithik-Experte des LWL, Klaus Günther (zu der Zeit Leiter der Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie), wollte durch diese Abgüsse den aktuellen Zustand der Bausubstanz des Grabes sichern. Sie sollten Teil der Dauerausstellung des Landesmuseums für Ur-und Frühgeschichte in Münster (heute LWL-Museum für Archäologie in Herne) werden.
Schlussendlich gerieten die Abgüsse in Vergessenheit, um nun zu einem idealen Zeitpunkt wiedergefunden zu werden. Im Rahmen des Megalithikprojekts der Altertumskommission werden derzeit die bekannten westfälischen Megalithgräber nacheinander dreidimensional aufgenommen und aus den Daten digitale Modelle erstellt. Man spricht auch von digitaler Konservierung, weil so der aktuelle Zustand des Befundes virtuell für die Nachwelt erhalten wird. Das ist durch die Erstellung der Abgüsse letztendlich auch passiert, nur analog und weniger handlich.
Das Megalithgrab von Rimbeck wartet noch auf seine digitale Konservierung, sodass ein Abgleich des Zustands von 1970 mit dem heutigen noch nicht stattgefunden hat. Da die vier Steine jedoch im Rahmen der geplanten Stonehenge-Ausstellung demnächst ins Museum nach Herne gehen sollen, nutzten Florian Jüngerich und Lea Kopner, studentische VolontärInnen der Altertumskommission, die Chance, um die analoge Replik in eine digitale zu überführen. Anfang der Woche waren die Repliken mit Hilfe von Leo Klinke, Leiter des Megalithik-Projekts, und Christian Gobbers, Mitarbeiter im Magazin der LWL-Archäologie, schon so gedreht worden, dass sie auf ihren ehemaligen Standflächen standen und optimal fotografiert werden konnten. Kein leichtes Unterfangen, denn selbst der kleinste Betonstein wiegt mehrere hundert kg. Nun mussten wir die Abgüsse noch so im Raum platzieren, dass sie möglichst freistanden und von allen Seiten fotografiert werden konnten. Das war gar nicht so einfach, da die Standflächen oft recht schmal waren und die Repliken bedrohlich schwankten. Zum Glück mussten unsere Stahlkappenschuhe ihre Funktion nicht unter Beweis stellen und wir konnten alle Steine ohne Zwischenfälle fotografieren.
Wieder im Büro konnten wir die Bilder am Rechner direkt zusammensetzen und so überprüfen, ob unsere Aufnahmen etwas geworden waren. Nach drei gelungenen Steinen wähnten wir uns schon in Sicherheit. Doch die letzte Replik zeigt nur die Hälfte eines der Türlochsteine, ein kompletter Abguss hätte vermutlich jede Transport- und Lagermöglichkeit gesprengt. Der Stein hat also eine sehr glatte, rechtwinklig abschließende Seite. Diese hatten wir nicht aus genügend Richtungen abgelichtet, sodass das Programm sie nicht zuordnen konnte. Nach einem zweiten Anlauf, in dem wir zur Sicherheit nochmal alle Steine einzeln freistellten und rundum fotografierten, klappte es dann doch. Sobald wir die digitale Konservierung in Rimbeck durchgeführt haben, können wir also genau nachvollziehen, wie sich die Steine des Zugangs in den letzten über 40 Jahren verändert haben.
Text: L. Kopner