Auch in diesem Herbst hat die Altertumskommission die digitale Konservierung der westfälischen Megalithgräber weiter fortgesetzt. Da im Frühjahr die fotografische Dokumentation ausgesetzt werden musste, hatten es sich die Volontär*innen der Altertumskommission Lea, Flo, Felix und Anne zum Ziel gesetzt, innerhalb von zwei Tagen gleich vier jungsteinzeitliche Großsteingräber der Wartbergkultur aufzunehmen. Ein sehr sportliches Vorhaben, denn zunächst müssen die Gräber vom Herbstlaub und stelleweisem Bewuchs, der die Aufnahmen stören könnte, befreit werden. Im ersten Schritt werden Messpunkte gesetzt, um das spätere 3-D-Modell georeferenzieren zu können. Erst danach kann die fotografische Dokumentation beginnen. Dabei müssen alle noch erhaltenen Trag- oder Decksteine sowie, falls vorhanden, die umliegenden Steine im Uhrzeigersinn mit etwa gleichem Abstand und fester Brennweite fotografiert werden. Aus den einzelnen Bildern wird später aus Millionen von Messpunkten das 3-D-Modell errechnet.
Ein Fotomarathon in Ostwestfalen
Am 22. Oktober ging es los. Erstes Ziel war das Grab Borchen-Kirchborchen I. Das heute inmitten einer Wohnsiedlung gelegene Galeriegrab fanden wir leider vollkommen verwildert vor. Hier mussten die erhaltenen Steine, die zum Teil dicht von Efeu, Dornenranken und Brennnesseln überwuchert waren, erst wieder sichtbar gemacht werden. Doch wir kamen nicht unbewaffnet: mit einer(!) Rosenschere, mehreren Rechen und anderen Gartenwerkzeugen ausgestattet, putzten wir das Galeriegrab für sein großes Shooting sprichwörtlich heraus. Dabei wurden wir sogar unverhofft zu Pilzsammlern. Als Herausforderung stellte sich die Suche nach Messpunkten heraus, da durch die hohen, noch laubtragenden Bäume kein GPS-Signal hindurchdrang. Deshalb mussten wir ein Tachymeter zur Hilfe nehmen, um die Punkte einmessen zu können.
Nach Beendigung der aufwendigen Vorbereitungen war der Tag bereits weit fortgeschritten. Während Lea und Anne schließlich mit der eigentlichen Dokumentation begannen, gingen Felix und Flo schon einmal hinüber zum nur etwa 100 m entfernt liegenden Grab Borchen-Kirchborchen II, um dort alles für die Fotoaufnahmen vorzubereiten. Glücklicherweise befand sich dieses Galeriegrab in einem deutlich besseren Zustand und musste nur im Innern vom goldenen Herbstlaub befreit werden. Bis Anne und Lea fertig waren, war beim Grab Borchen-Kirchborchen II bereits alles bereit und eingemessen, sodass im warmen Abendlicht direkt weiterfotografiert werden konnte. Unterdessen eilten Flo und Felix weiter ins benachbarte Etteln, um dort bestmöglich alles für die morgige Fotodokumentation vorzubereiten. Doch eben als wir dachten, dass wir gut in der Zeit lägen und nach den anfänglichen Verzögerungen wieder aufgeholt hatten, passierte das Unglück: Eine kräftige Windböe wehte eine der nur locker auf den losen sandigen Boden aufgelegten Messpunkte um. Das war’s; Flo und Felix (die das Tachy mit im Auto hatten) mussten zurückgerufen und der Punkt neu eingemessen werden. Sonst könnte es später zu Fehlern bei der Errechnung des 3-D-Modells kommen. Schließlich beließen wir es am ersten Tag bei diesen beiden Gräbern und glaubten dennoch gut in der Zeit zu liegen. Doch das westfälische Wetter hatte nicht zum letzten Mal unsere Zeitplanung durchkreuzt…
Freitag ging es noch im Morgendunst nach Rimbeck. Als der Versuch den steilen, vom nächtlichen Regen aufgeweichten Waldweg mit dem Bus zu erklimmen frühzeitig scheiterte, bepackten wir uns mit unserer Ausrüstung und liefen hinauf. Das Galeriegrab von Rimbeck liegt in leichter Hanglage in einem dichten Waldstück. Das Laub war zwar schnell entfernt, doch erneut hatten wir aufgrund der dichtstehenden Bäume große Probleme ein GPS-Signal zu empfangen. Um das Tachymeter zu stationieren mussten wir mangels Satellitensignals den Hang herunter, aus dem Wald hinaus und ins offene Feld laufen. Doch selbst dort hatten wir aufgrund der dichten Wolken Probleme. Als wir endlich zwei GPS-Punkte eingerichtet hatten, mit denen wir das Tachy hätten stationieren können, rollte eine dicke Nebelwand aus der Talsenke auf uns zu, die so dicht war, dass man vom Waldrand aus das Tachy gar nicht mehr sehen konnte. Es schien fast als wollte uns irgendetwas oder irgendwer nicht in Rimbeck haben… Ob das im Zusammenhang mit den „Opfergaben“ steht?
Da nicht absehbar war, wie lange sich der dichte Nebel dort festhängen würde, trafen wir die Entscheidung, zunächst zurück nach Etteln zu fahren. Dank der Vorarbeit von Flo und Felix gab es zwar nicht mehr allzu viel zu säubern, doch wurde unsere Arbeit immer wieder durch starke Schauer unterbrochen, sodass wir im Bus Unterschlupf suchen mussten. Darum passten wir für die fotografische Dokumentation einige schwächere Abschnitte ab. Durchnässt beschlossen wir schließlich direkt nach Münster zurückzufahren. Das Galeriegrab von Rimbeck müssen wir uns ein anders Mal vornehmen, wenn uns die Wettergötter gewogener sind…