Im Reich der Zwerge – Auf den Spuren früher Erzschürfer im Siegerland

27.01.2023 Felix Faasen

Die Sonne lacht uns ins Gesicht, bevor wir ins ewige Dunkel des Bergwerkes eintauchen. Foto: Altertumskommission/M. Zeiler.

Auf ins ferne Siegerland!  Lange bevor im Ruhrgebiet die bis heute landschaftsprägenden Zechen entstanden, wurde im Siegerland bereits Bergbau betrieben. Schon in der vorrömischen Eisenzeit – die Epochenbezeichnung ist Programm – wurden obertägig erschließbare Eisenerzvorkommen aufgesucht und die eisenhaltigen Gesteinsbrocken in Rennöfen verhüttet.

Im Mittelalter begann man, Stollen in den Berg vorzutreiben und die Erzlagerstätten unter Tage abzubauen. Eines dieser Bergwerke ist die Grube Landeskrone bei Wilnsdorf, die Ende des 13. Jahrhunderts erstmalig urkundlich erwähnt wird.

Der Eingang in die Grube "Ladeskrone", in die wir einfahren. Foto: Altertumskommission/A. Reck.

Anlässlich des Erscheinens des dritten Bandes in unserer Reihe „Montanarchäologie in Westfalen“ über ebenjenes Bergwerk dürfen wir Manuel Zeiler, AKo-Mitglied, Montanarchäologe und Mitautor des Heftes, auf einem archäologischen Kontrollgang durch die Anlage begleiten. Deshalb machen sich die Mitarbeiter*innen der Geschäftsstelle an einem kalten, aber sonnigen Dezembermorgen mit dem Bulli auf den Weg in den südlichsten Zipfel Westfalens. Während der Umfahrung der gesperrten Ramede-Brücke (A 45) bei Lüdenscheid können wir die im gefrorenen Raureif glitzernde Mittelgebirgslandschaft genießen.

Der geplante Ausbau der A 45 war es auch, der die Aufmerksamkeit im Jahre 2015 auf das über ein Jahrhundert zuvor aufgegebene Bergwerk lenkte. Die untertägigen Hohlräume sollten verfüllt werden, um die Standsicherheit der Autobahn nicht zu gefährden. Da es sich bei der Landeskrone jedoch um ein Bodendenkmal handelt, musste zunächst eine archäologische Dokumentation erfolgen. Die zuständige Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie übernahm in Kooperation mit dem Deutschen Bergbau Museum Bochum (DBM) und dem Verein für Siegerländer Bergbau e.V. (VSB) die fachgerechte Aufnahme der untertägigen Strukturen des Altbergbaus.

Dr. Manuel Zeiler erläutert die technischen Relikte in der Maschinenhaus-Kaverne. Der Weihnachtsmann war auch schon dort. Foto: Altertumskommission/V. Brieske.

Dem VSB ist es auch zu verdanken, dass wir das Bergwerk nur mit Gummistiefeln an den Füßen betreten können. Der Verein hat sich nach der Öffnung des Tiefens Stollens in zahlreichen Stunden ehrenamtliche Engagements dafür eingesetzt, die Wasserhaltung und Grubensicherung soweit in Stand zu setzen, dass man weite Abschnitte der Grube wieder gefahrlos betreten kann.

Somit fahren auch wir im Schein unserer Stirnlampen ein, wie die Fortbewegung unter Tage bergmännisch korrekt bezeichnet wird. Auf dem Weg durch den langen Stollen passieren wir mehrere Abzweige, die sich nach wenigen Metern in der Dunkelheit verlieren. Dabei handelt es sich um Verbindungen zu weiteren Abbaubereichen, die auch auf anderen Ebenen, sogenannten Sohlen, liegen können und noch deutlich tiefer in den Berg hineingetrieben worden sind.

Wir folgen jedoch weiter dem gut abgesicherten Weg entlang einer alten Lorenbahnstrecke und erreichen schließlich das Herzstück der Grube Landeskrone, die Maschinenhaus-Kaverne. Einer Kathedrale gleich öffnet sich der Stollen in mehrere Meter hohe Gewölbe, die mit roten Ziegeln ausgemauert sind und deren Bögen auf sorgfältig behauenen Sandsteinstreben ruhen.

Viele Meter ragen die Gewölbe über unseren Köpfen auf. Foto: Altertumskommission/V. Brieske,

Im Innern des hallenartigen Komplexes wurde 1852 die erste Dampfmaschine des Siegerlandes untertage in Betrieb genommen. Diese trieb über ein Räderwerk eine Wasserpumpe und den sogenannten Fördertrümer an. Zuvor war erforderte es 30 Bergmänner, das eindringende Wasser aus dem Bergwerk heraus zu befördern, nun erledigte dies die Dampfmaschine wesentlich effizienter. Zudem konnten über die Seilwinden des Trümers auch Förderbehälter aus der Tiefe heraufgefahren werden, sodass der Abbau von über 100 m tiefer liegenden Erzvorkommen ermöglicht wurde.

Der zu diesem Zweck angelegte Blindschacht ist heute mit Wasser gefüllt und leuchtet uns in mythischem blau entgegen [Blindschacht = Schacht, der von einer Sole im Berg abgetieft wurde und nicht bis an die Oberfläche reicht].

Letztlich bedeutete dieser Meilenstein der Industrialisierung im Siegerland auch sein Ende, respektive die Aufgabe der Landeskrone. Da im Ruhrgebiet die Förderanlagen über Tage aufgestellt waren, konnten die Maschinen im Laufe der Zeit durch leistungsfähigere Aggregate ersetzt werden, wohingegen die Dampfmaschine im Berg nicht einfach ausgewechselt werden konnte und somit die Förderleistung ins Hintertreffen geriet.

Hier wurde einst das Erz mithilfe einer Lorenbahn hinaus befördert. Foto: Altertumskommission/A. Falke.

Bereits 1878 wurde die Maschine stillgelegt und nach dem Abbau von Resterzen schloss das Bergwerk im Jahre 1901 endgültig. In dieser Zeit wurde die Maschine wohl auch demontiert und verbracht, da heute nur noch die Verankerungen und einige wenige Eisenteile von ihr zeugen.

Tief beeindruckt von dieser verborgenen Parallelwelt machen wir uns auf den Rückweg. Wir können kaum erahnen, unter welchen unglaublich harten Bedingungen die Bergleute jener Zeit geschuftet haben, um dem Berg seinen eisernen Schatz zu entreißen.


Kategorie: Montanarchäologie

Schlagwort: Montanarchäologie