Mit Forschungsauftrag durch den Wald

09.10.2025 Florian Jüngerich

Nachdem ein Objekt mit der Metallsonde aufgespürt wurde, kommt die Handsonde zum Einsatz (Foto: LWL-AfW/U. Lehmann).

Gruppenbegehung auf dem Tönsberg bei Oerlinghausen

Die Wallburg auf dem Tönsberg bei Oerlinghausen steht bereits seit vielen Jahren im Interesse der westfälischen Burgenforschung. Erste groß angelegte archäologische Untersuchungen fanden dort ab 1968 regelmäßig statt. Dabei wurde ersichtlich, dass die im Kern eisenzeitliche Anlage bereits im Frühmittelalter neu befestigt wurde. Wann genau dieser Ausbau allerdings stattfand, ist bislang bis auf vage Indizien weitestgehend unbekannt. Daher wurde die Befestigung als eine von etwa 30 Anlagen für das Burgenprojekt der Altertumskommission ausgewählt, um diese Wissenslücke zu schließen. Nachdem bereits 2024 verschiedene Rammkernsondierungen in den Wällen durchgeführt wurden, fand unlängst eine Metallsondenbegehung auf dem Tönsberg statt, um möglichst Funde zu gewinnen, die weitere Aussagen über das Alter und die Nutzung der Wallburg ermöglichen.

Gruppenfoto mit allen Teilnehmenden und den Verantwortlichen der Sondenbegehung (Foto: Altertumskommission/V. Brieske).

Die Begehung wurde von der Altertumskommission in Zusammenarbeit mit der LWL-Archäologie für Westfalen, Sachgebiet Sondengehen und Magnetangeln, dem Lippischen Landesmuseum Detmold und der NABU-Ortsgruppe Oerlinghausen durchgeführt. Basierend auf einer Ortsbegehung und den bisherigen Erkenntnissen zur Anlage waren bereits im Vorfeld unterschiedliche Suchbereiche definiert worden. Dabei wurde zum einen auf die Zugänglichkeit geachtet, zum anderen sollten möglichst wichtige Flächen der Befestigung, so zum Beispiel die Torbereiche, mit der Metallsonde untersucht werden. Im nächsten Schritt erging eine digitale Einladung an alle Sondengehenden mit gültiger Lizenz im Regierungsbezirk Detmold. Diese hatten die Möglichkeit, sich auf die Teilnahme zu bewerben, eine absolute Ausnahmegelegenheit, denn eigentlich ist das Sondeln im Wald und auf eingetragenen Bodendenkmälern verboten. Da mehr Anmeldungen eingingen, als Plätze zur Verfügung standen, wurden nach Anmeldeschluss die 35 Teilnehmenden ausgelost, um Chancengleichheit zu gewährleisten. Ergebnis war ein gemischtes Team aus erfahrenen und „frischen“ Sondengehenden.

Auch schwierige Bedingungen hielten einige Teilnehmenden nicht davon ab, nach Fundstücken zu suchen (Foto: Altertumskommission/F. Jüngerich).

Bestens vorbereitet startete die Aktion für das Organisationsteam gegen 9:00 Uhr an einem sommerlichen Samstag. Im Bereich des äußeren Walles wurden auf dem Bergrücken Sitzgelegenheiten, ein Pavillon und ein mobiles Feldbüro aufgebaut, um als Basislager für die Begehung zu dienen. Gegen 10:00 Uhr trafen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Berg ein und konnten sich mit den Gegebenheiten vertraut machen. Nach einer kurzen Begrüßung wurden den Sondengehenden nähere Informationen zur Befestigung selbst nähergebracht, bevor der Ablauf der Aktion und die Verhaltensregeln erklärt wurden. Denn eine solche Begehung im Wald und innerhalb eines eingetragenen Bodendenkmals ist nicht alltäglich. Sie darf nur mit offiziellem Suchauftrag im Rahmen eines Forschungsprojektes erfolgen und ist daher etwas Besonderes.

Auch die Metallsonden haben sich eine Pause verdient (Foto: Altertumskommission/F. Jüngerich).

Nachdem alle Formalitäten geklärt waren starteten die Teilnehmenden in Kleingruppen in die drei Suchbereiche. Dabei konnten sie sich selbständig innerhalb ihres Suchbereiches bewegen. Bei Fragen zur Abgabe der eingemessenen Fundstücke oder für eine Stärkung konnten sie jederzeit zum Basislager zurückkehren. Bereits nach kurzer Zeit wurden die ersten Funde im Feldbüro abgegeben und im Anschluss bereits in Listen eingetragen. Wenn es möglich war, erfolgte auch schon eine erste Ansprache. Selbstverständlich wurden nicht nur besondere Stücke von den Sondengehenden aufgesammelt, sondern auch offensichtlicher Müll mitgenommen, der sich in den letzten Jahrzehnten im Wald in der Anlage angesammelt hatte. Dieser wurde im Anschluss fachgerecht entsorgt. So nutzte die Aktion nicht nur der archäologischen Forschung, sondern auch dem Umweltschutz, also ein Gewinn auf ganzer Linie.

Am Ende des Tages waren alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwar erschöpft, aber auch zufrieden mit der geleisteten Arbeit. Es war ein gelungener Tag, der nicht nur für eine bessere Vernetzung der Sondengehenden untereinander sorgte, sondern auch den Kontakt zwischen den Freiwilligen und den offiziellen Stellen stärken konnte.

Zusammenstellung der schönsten Funde der Sondenbegehung (Foto: LWL-AfW/S. Rzitki).

Insgesamt konnten über 100 Fundstücke geborgen werden, die im Nachgang durch das Sachgebiet Sondengehen gesäubert und näher bestimmt wurden. Leider konnten keine Funde aus der Erbauungszeit der Wälle geborgen werden. Dennoch erzählen die Funde, darunter auch einige besonders schöne Stücke, von Aktivitäten auf dem Tönsberg in der Neuzeit. So konnten unter anderem zwei vergoldete Pilgeranhänger und ein emailliertes Pilgerabzeichen gefunden werden, die sicherlich im Zuge einer (Pilger)Wanderung über den Bergrücken verloren wurden. Eine Gürtelschnalle stammt von einem Bergmann, einige Stücke gehören zu Militäruniformen. Besonders lieblich ist ein Anhänger in Form einer Schildkröte, dessen Verlust sicherlich schmerzlich bedauert wurde. Als ungewöhnlichstes Objekt konnte auch eine Flaschenpost aus dem Unterholz aufgesammelt werden, deren Text aufgrund von Feuchtigkeit aber leider nicht mehr zu entziffern war.   

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